Vereinfachung - Weniger ist mehr      Teil 1

Vereinfachung - Weniger ist mehr Teil I

 

 

 

Wie oft habe ich mir schon überlegt, welche Techniken ich tatsächlich brauche. Wie viele Kata sind tatsächlich nötig, oder sind sie es überhaupt? Die schiere Anzahl von Techniken im Reportoir eines Karate Ka scheint unerschöpflich, ja bodenlos zu sein. Für jemanden wie mich, der sein Leben dem Studium der Kampfkünste verschrieben hat, ist das eine tolle Sache. Selbst nach fast 40 Jahren lerne ich permanent dazu, und freue mich wie ein kleiner Junge unter dem Weihnachtsbaum über jedes neue und bunt verpackte Geschenk! Doch die Vielzahl der Techniken bringt mich manchmal an den Rand des Fassbaren, und ich frage mich wie jemand mit einem deutlich geringeren Trainingsstundenansatz all diese Dinge lernen, verstehen oder gar meistern will. Ja, natürlich habe ich es auch übertrieben! So übertrieben, dass ich mir von meinen langjährigen Schülern und Wegbegleitern die Frage gefallen lassen muss, wie zum Teufel ich mir das alles nur merken kann. Die Antwort ist: Ich kann es nicht! Ich studiere vier traditionelle Kampfkunststile, und so "ganz nebenbei" übe und unterrichte ich noch sportliche Richtungen und einiges mehr. Damit möchte ich nicht zur Schau stellen wie toll ich eigentlich bin, sondern wie weit der Weg der Kampfkünsten verzweigt sein kann, und wie leicht es ist, sich zu verirren.......

 

 

 

Nun, um mit dem zu übenden Material überhaupt klar zu kommen, muss man priorisieren. Also lege ich eine Weile die Prioritäten auf mein Goju Ryu Karate, nur um nach einer Weile festzustellen, dass meine Fähigkeiten mit dem Bo weit unter meinen Ansprüchen liegen. Als Konsequenz stürze ich mich für eine Zeit auf mein Kobudo Studium, um schon bald zu bemerken, wie lange ich schon kein Schwert in der Hand hielt, und wie bescheiden meine Fähigkeiten im Battou Jutsu geworden sind. Und so rotiert der Schwerpunkt meines Trainings über das Jahr von hier nach da, und manchmal verzweifle ich, weil es mir wie die ewige Rückkehr des immer gleichen erscheint. Fortschritte sind somit langsam, aber wie mir scheint doch stetig zu sein. Dies geht allerdings nur, weil ich "Profi" bin, und somit von "Berufswegen" viel Zeit in dieses Thema investiere!!

 

Somit stolpere ich immer öfter über den intensiven Gedanken der "Simplifizierung", dem Wunsch bzw. dem tiefen Bedürfnis die Dinge zu entzerren und zu vereinfachen. Nicht um einen neuen, effektiveren Stil zu erschaffen, sondern um durch finden eines gemeinsamen Nenners die Dinge noch besser verstehen zu können, sie noch besser umsetzen und im "Ernstfall" auch optimal einsetzen zu können"

 

 

 

                        "Ich habe lieber zehn Techniken die für mich kämpfen,

 

                         als tausend die gegen mich kämpfen!"

 

                                                                                              Ed Parker, Vater des American Kenpo

 

 

 

Bereits in den späten 80ern wurde mir klar, dass die Kampfkünste ganz gleich welcher Herkunft einigen gemeinsamen und Allgemeingültigkeit Prinzipien folgen. Wie mein Sifu zu sagen pflegt "Menschen haben zwei Arme und zwei Beine, da gibt es nicht viele logische Möglichkeiten sich zu bewegen!" (Danke Shifu Serge Seguin für diese einfache und doch geniale und stilübergreifende Einsicht!!) Und schon bald suchte ich nicht mehr nach den Unterschieden zwischen den verschiedenen Kampfsystemen, sondern nach ihren Gemeinsamkeiten. Lustiger Weise könnte ich viele der in den Kata "versteckten" Bewegungen und Prinzipien zuerst durch Techniken aus anderen Stilen erklären. Lustiger Weise, weil mir die "hardcore Traditionalisten" in den 80ern daher auch vorwarfen dass das doch nicht mit Karate zu tun habe. Tja, 30 Jahre und ein paar Pat McCarthys und Taira Bunkais später sucht nun alle Welt nach dem "fehlenden Schlüssel" und niemand behauptet noch, dass diese Bewegungen nach dem Hubud oder Gunting aus dem philippinischen Arnis aussieht oder diese Bewegung einem Chi Sao aus dem Wing Tsun gleicht ;-)

 

 

 

Nun, das ist wohl Evolution, auch wenn man sich hier teilweise von alt zu neu und wieder zurück zu alt entwickelt hat. Aber das ist definitiv ein anderes Thema......

 

 

 

Zurück zum Thema!! Um einen (oder auch mehrere) grundlegende gemeinsame Nenner zu finden bedarf es einer genauen Analyse, also dem was Bunkai im eigentlichen Sinne des Wortes ja bedeutet. Es bedarf aber auch vielem mehr! Es bedarf einer intensiven Ausbildung, möglichst stilübergreifende um eben jene Ähnlichkeiten erkennen zu können. Es bedarf einer klaren Sicht auf die Funktionalität der Bewegung. Und vor allem bedarf es einer Sache NICHT! Der eingeschränkten Sicht durch die Stilbrille!!! Denn die "das machen wir in unserem Stil aber anders" Einstellung hat uns bislang meist nur in Sackgassen und ziellose Diskussionen geführt.

 

 

 

Im zweiten Teil dieses Artikels werde ich anhand der "Block" Techniken im Karate versuchen diesen gemeinsamen Nenner und die kohärente Verbindungen zwischen den verbreiteten Uke Techniken zu erläutern. Dazu gibt es natürlich auch einige Fotos, die genauer erklären, warum Abläufe in den meisten Blocktechniken wie ausgeführt werden, und weshalb sie sich in ihrer grundlegenden Ausführung so unglaublich ähnlich sind.

 

 

 

Ebenfalls ab nächster Woche können Subscriber meines Mitgliederbereichs dazu auch ein entsprechendes Video herunterladen.  Stay tuned ;-)

 

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