Schubsen, rempeln, Kopfstöße & Co

 

Karate ist, durch die massiven Einflüsse des japanischen Budo und später durch sportliche Richtlinien, eine „edle“ Kunst geworden. Sieht man im Wettkampfbereich die Kata und Bunkai Darbietungen an, so kann man sich der eleganten Schönheit der Bewegungen nicht so einfach entziehen. Diese Schönheit, die an der Oberfläche der Budo Wegschulen Japans immer zu entdecken ist, täuscht oftmals über den eigentlichen, brutalen und zerstörerischen Sinn der ausgeführten Bewegungen hinweg. 

 

Teil dieser Ästhetik ist sicherlich auch die gerade und aufrechte Körperhaltung, die japanische Budoka an den Tag legen. Ganz anders als ihre westlichen Pendants, welche im Ringen oder Boxen die Schultern heben, und eine leicht (oder manchmal auch stark) vorgebeugte Körperhaltung einnehmen, steht der Budoka aufrecht wie ein Fels in der berühmten Brandung. Betrachten wir jedoch alte Fotoaufnahmen ebenso alter Karate Meister, so stellen wir schnell fest, dass dies wohl nicht immer der Fall war. Alterserscheinung oder nicht, was wäre, wenn wir uns diese vorgebeugte Haltung in bestimmten Anwendungen zu Nutze machen würden?

 

Dabei müssen wir gar nicht so weit suchen, wenn es um sogenanntes „dirty fighting“ geht. In den philippinischen Kampfkünsten gibt es sogar einen feststehenden Begriff dafür! Unter Kinamutay versteht man all die schmutzigen Tricks, die man auf der Straße finden kann. Neben den oben genannten Methoden bedient sich das Kinamutay Elementen wie Greifen, Beißen, Druckpunkten und Kneifen, welches in der engen Distanz zweifellos nützliche Hilfsmittel sein können. Viele meiner Seminarteilnehmer haben sich bereits schmerzhaft über meine Grifftechniken gewundert, da ich in der Regel versuche, nicht die Jacke, sondern „das Fleisch“ dahinter zu greifen 😉

 

Dass Karate aus mehr als Schlagen und Treten besteht, ist meinen Schülern sowie meinen Lesern bereits lange klar. Doch wenn ich so durch die Youtube Videos von „echten“ Schlägereien zapppe, und dazu noch meine vielen Erfahrungen als Security Mitarbeiter hinzunehme, dann fallen mir umgehend einige „Techniken“ in´s Auge, die wir im Karate oftmals vermissen. Schubsen und rempeln sind sicherlich der üblichste Beginn einer Straßensituation, sobald der verbale Teil abgeschlossen ist.  Man schubst und stößt sich gegenseitig, fast wie zwei Gorillas die auf der Brunft sind. Gerade erfahrende Straßenschläger verwenden neben diesen „Männlichkeitsdemonstrationen“ auch gerne den Kopf als Waffe, Nein, leider nicht, um ihn zum Denken einzusetzen, denn dann wäre es wohl nicht zu dieser physischen Konflikt gekommen. Vielmehr stoßen sie gerne in enger Distanz mit dem Kopf bzw. der Stirn in´s Gesicht ihres Gegners, bevorzugt indem sie vorher dessen Arme oder Jacke gegriffen haben.

 

Um zu zeigen, dass auch solche Techniken im Karate zum Zuge kommen, habe ich einen Ausschnitt aus der Kata Sepai vorbereitet. Hier sieht man ein vorrangehendes Rempeln, um den Gegner aus der Balance zu bringen (Kuzushi), direkt gefolgt von einem Wurf in Shiko Dache. Dabei könnte die untere Hand ebenso eine Hand des Gegners greifen, um einen abschließenden Hebel auszuführen. Ebenso wäre es möglich (wenn man eben keine aufrechte Körperhaltung einnimmt), dass sich während des Anrempelns noch ein Kopfstoß ergibt, er der Gegner noch zusätzlich nach hinten taumeln lässt, um so den abschließenden Wurf nochmals zu begünstigen. Also, eine von sicherlich vielen „versteckten“ Möglichkeiten des „dirty fightings“ im Karate.

 

Das entsprechende Video dazu findet ihr HIER!

 

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